Die Alte Tante NZZ unterstellt Elon Musk mit einem Artikel von Adrian Daub, nur ein halber Visionär zu sein und am Ende doch lediglich ein neues Telefon aus dem Silicon Valley zu zaubern. Elon Musk könnte man viel unterstellen, aber daran zu zweifeln, dass ein Visionär und Macher ist, scheint mir gar um des Klickbaits Willen geschrieben worden zu sein.
Als erster Querverweis wird dann innerhalb des NZZ-Artikels immerhin gleich auf die gegensätzliche Argumentation «Er redet, und er liefert» des Journalisten Nino Maspoli verwiesen. Doch irgendwie hilft es nicht so recht, den versucht sachlich zu scheinenden Rant gegen Musk zu legitimieren. Ihm wird vorgeworfen, warum er nicht von Anfang an sein Mandat in Trumps Beratungsgremien abgelehnt hat und erst später ausgestiegen ist. Vermutlich, weil die Pressewirkung somit um einiges höher war und sich Musk nie Hoffnungen gemacht, den Mann mit dem orangen Gesicht intelligenter machen zu können?
«Seine Ideen wabern auf sehr Silicon-Valley-typische Weise im Ungefähren: Enthusiasmus und gute Absicht wird ihm keiner absprechen, aber Anspruch und Realität klaffen, auf branchentypische Weise, auseinander» schreibt Adrian Daub. WTF? Ich erlaube mir, ein 4K Video der letzten Falcon 9 Landung als Beweis einzufügen, welches die Realität beinhaltet, dass Elon Musk es mit seiner Firma SpaceX innert kurzer Zeit geschafft hat, Raketen nicht nur in den Himmel zu jagen und Weltraumschrott zu produzieren, sondern diese wieder zum Landen zu bringen und wiederverwendbar zu machen (Fullscreen anschauen):
Ich weiss nicht, ob wir unbedingt auf den Mars auswandern müssen. Zumindest heute noch nicht. Aber vermutlich ist es der optimalste und am nahe gelegenste erdähnliche Planet, zu welchem Musk bereits innert 20 Jahren Shuttle-Flüge mit seiner Monster-Rakete ITS ermöglichen will. Und man mag von der Raumfahrt halten was man will: wenn man sich jedoch anschaut, wie verschwindend klein unsere Erde ist, im Verhältnis zu dem, was wir heute im Weltall bereits berechnen und erforschen können, dann stellt sich mir die Frage nicht, ob es sinnvoll ist, in die Raumfahrt zu investieren und das Weltall zu entdecken. Denn solange den Dummen und Geldgierigen auf unserer Erde beispielsweise das Klima egal ist, oder eine Klimaerwärmung sogar unsichtbar reden wollen, bin ich froh, wenn sich wenigstens jemand in rasantem Tempo um Alternativen kümmert. Sei es beim Auto- und Lastverkehr (Tesla), beim erneuerbaren Energien (SolarCity), Personen- und Güterverkehr (Hyperloop), künstlicher Intelligenz (OpenAI), Gehirn-Maschinen-Schnittstellen (Neuralink) dem Tunnelbau (The Boring Company) oder bei der Raumfahrt (SpaceX).
Und wie man der Aufzählung entnehmen kann, sieht man auch ein Macht-Konstrukt durch all diese Firmen am Horizont. Dies gilt es im Auge zu behalten und es ist zu hoffen, dass bald auch andere Firmen in diesen Gebieten sich für die Zukunft in gleichem Masse einsetzen. Doch wer sich schon Interviews mit Elon Musk angeschaut hat, der kennt seine Haltung dazu: wenn sich niemand darum kümmert, macht er es halt. Patente gibt er für die Wirtschaft frei, um die Evolution voranzutreiben. Mit Klickbait-Titeln und herumstänkernden Artikeln wird man jedoch kurzfristig dieses Vorantreiben eher bremsen als beschleunigen.
Update: nachdem ich während den Sommerferien diese Biografie von Elon Musk (sehr lesenswert, Affiliate-Link) gelesen habe, sträuben sich mir noch mehr die Haara ab dem NZZ-Artikel.
Bild: SpaceX
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Und noch ein fieser Nachgedanke:
Ob jemand ein Visionär ist, kann man erst im Nachhinein feststellen. Vorher und während ist er ein Spinner.
Da hast du natürlich recht, schaut man in die Vergangenheit.
Vorausschickend: Den NZZ-Artikel habe ich nicht gelesen. Ashley Vance’s autorisierte Musk-Biografie liegt noch halbgelesen auf dem Nachttisch. Ich gäbe (fast) meinen rechten Arm für einen Tesla S4.
Nun aber: Ganz grundsätzlich tendiere ich dazu, Elon Musk – schwieriger Typ im Umgang, der er zu sein scheint – für genial, vor seiner Zeit zu halten. Seine aus betriebswirtschaftlicher Sicht wahrlichen Kamikaze-Attacken auf Entwicklungsgebiete, in denen viele die „Das-soll-mal-ein-anderer-machen-Strategie“ verfolgen, begeistert zumindest die finanziell nicht beteiligten. Mich ja auch, siehe oben.
Die Tendenz, Musk in einen Guru-Status zu erheben (ob er den anstrebt oder nicht, weiss ich nicht) ist aber selbst in Deinem Artikel transportiert, auch wenn Du seinen altruistischen Zug („…Patente für die Wirtschaft frei“) hervorhebst. Und genau da sehe ich Potenzial für allerhand Enttäuschung.
Lassen wir den einfach machen. Zu bewundern gilt – so unpopulär das klingen mag – dass es halt immer noch nur die USA sind, die es Leuten wie Elon Musk möglich machen, das zu tun, was sie tun. Auch wenn Musk selber nicht wirklich Amerikaner ist, hat er zumindest genau begriffen, wie man in den USA Imperien aufbaut.
Kritisch noch zu Deinem Artikel: Das Wort „optimal“ kann man nicht steigern und irgendwie fehlt mir da PayPal bei den Unternehmen, die Musk (mit) ins Leben gerufen hat. Und für viel Geld verkauft – was wohl die finanzielle Basis seiner weiteren Unternehmungen war.
Letztlich möchte ich der „alten Tante NZZ“ (eigentlich die einzige Schweizer Zeitung, die man noch lesen kann) doch auch zugute halten, dass sie stark wirtschaftlich fokussiert ist und das nirgends verhehlt. Bei der Wirtschaftlichkeit, auch der zukünftigen, muss sich Elon Musk schon gewisser Kritik stellen. Momentan verbrennt er mit seinen Unternehmungen Unmengen Geld auf Pump.
Aber irgendwie cool ist der Typ schon. Zugegeben.
Was für eine Ehre, einen Kommentar von dir zu lesen, Ray! Welcome.
Danke auch für deine kritischen Worte und Klarstellungen. Zugegebenermassen habe ich diesen Post aus dem Affekt heraus geschrieben, daher wohl auch nicht formal überall korrekt.
Zu einem Guru-Status wird es wohl nie ein Mensch in meinen Augen schaffen, dafür bin ich zu realistisch. Auch wenn mein Post vielleicht Musk-verteidigend und -bewundernd klingt, so tut der Typ nüchtern betrachtet einfach mal was, um das jahrzentelang wie um einen heissen Brei nur herumgeredet wurde.
Die NZZ birgt auch komplett gegensätzliche Artikel, einen habe ich oben erwähnt. Mich dünkt nur eine Tendenz in der Berichterstattung zu erkennen, die Artikel bewusst entgegen den Hypes schreibt, nur um zu polarisieren und ohne wirklich was aussagen zu wollen (die Klicks generierte man ja alleweil). Daher vielmehr einen Hattip an die Redaktionsleitung oder wer auch immer solche Artikel durchwinkt.
Paypal habe ich bewusst weggelassen, da er da aktuell nicht mehr dabei ist. Aber du hast natürlich recht, sein Kapital um mit seinen aktuellen Firmen loslegen zu können, hat er von seinem Austritt dort. Dass er seine Firmen auf Pump betreibt wusste ich nicht, die Grafik bezüglich seines Vermögens drüben bei der NZZ sagt doch was anderes? Oder verstehe ich das falsch? https://www.nzz.ch/mobilitaet/aktuell/er-redet-und-er-liefert-ld.112957
Auf jeden Fall sieht er sich selbst schon auch gerne cool. Zumindest hat er wohl aus seiner schlimmen Jugend einiges an Coolness nachzuholen. Doch das sei ihm vergönnt.
Haha, die NZZ. Fanboyismus liegt mir im Prinzip fern, aber bei Musk kann ich mich immer schwer zurückhalten. Und ich frage mich: Wenn der nicht visionär sein soll, wer dann?
Ich finde den Fanboyismus auch immer etwas hindernd. Kaum begeistert man sich für etwas, gilt man schon als Fanboy. Wenn ich zugebe, dass mich Elon im oben verlinkten TED Interview merh als verblüfft hat, bin ich dann ein Fanboy? Die Tendenz, dass man heute kaum mehr was gut finden darf, was viele andere auch gutfinden, leuchtet mir zwar ein, finde ich aber in mehreren Belangen verhindernd. Dies mehr als Ergänzung zum Kommentar. Denn natürlich hätte ich diese abschliessende Frage lieber selbst gestellt: Wenn Elon Musk kein Visionär sein, soll, wer dann?